Den verschiedenen Keramikfunden in Gmunden (Oberösterreich) nach zu schließen beschäftigten sich die Menschen in dieser Gegend schon vor tausenden Jahren mit Keramik. Gefunden wurden Keramikgefäße aus der Mondseekultur in der Jungsteinzeit 3000 v. Chr. und Trinkschalen mit Henkeln aus der Urnenfelderzeit in der späteren Bronzezeit, 1500 v. Chr. Genauer zu verorten waren dann in der Villa Rustica im Gmundner Stadtteil Schlagen die Funde einer bereits vor 2000 Jahren bestehenden richtigen römischen Töpferwerkstätte. Das Tonvorkommen am Fuße des Grünbergs war idealer Rohstoff für die frühen Töpferwaren, die dunkel, braun und grau waren. Kunsthandwerker der damaligen Zeit konnten natürlich nicht nachgewiesen werden, aber eine namhafte Affinität der ganzen Region zur Keramik darf man berechtigterweise annehmen.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde hier 1492 eine der größten Keramikmanufakturen Mitteleuropas. Schon im 17. Jahrhundert war Gmunden der Inbegriff der altösterreichischen Feinkeramik. Erste Funde einer blau-weißen Keramik gibt es in Gmunden schon vor 1600 als Vorläufer des „Grüngeflammten“, das 1675 kreiert wurde und bis heute ohne Unterbrechung hergestellt wird. Striche, Bögen, Schlingen …, in Grün rund um den Rand der Werkstücke stellen bis heute den Inbegriff der Gmundner Keramik dar.
Die Familie Schleiß tritt auf den Plan
Franz de Paula Schleiß (1813–1887), Bürgermeister von Gmunden, gründete 1844 die „Hafnerwerkstätte Schleiß“ und leitete damit die Renaissance der Gmundner Keramik ein. Er erzeugte Kachelöfen und Keramikgeschirr, figürlich bemalt oder grün geflammt. Er beteiligte sich 1873 an der Wiener Weltausstellung und wurde dafür ausgezeichnet. Er heiratete die elf Jahre jüngere Franziska Wiesinger (1824–1881). Sie war Hafnerstochter und selbst Hafnerin (Töpferin) und leitete die Gmundner Werkstätte. Dreimal im Jahr fuhr sie mit einer großen Salzzille nach Linz, Krems und Wien, um die Keramikwaren zu verkaufen und die Rohmaterialien nach Gmunden zu bringen. Kaiser Franz Joseph I. verlieh Franz de Paula Schleiß für Verdienste um die Gmundner Keramik die Große Goldene Verdienstmedaille – Franziska durfte sich mit Fug und Recht mitgemeint fühlen ... 1882 wurde er Obmann des Gmundner Gewerbevereins und legte damit den Grundstein für die international bekannten Keramikwerkstätten. Ein Jahr später übernahm sein Sohn Leopold und 1909 dessen Sohn Franz den Betrieb. 1913 schloss Franz Schleiß II. die Wiener Keramik und die Gmundner Keramik zur „Gmundner Tonwarenfabrik Schleiß GmbH“ zusammen und holte namhafte Zierkeramikkünstler nach Gmunden.
1968 übernahm Johannes Fürst Hohenberg, ein direktes Mitglied des vormaligen Kaiserhauses, die Manufaktur und machte sie zur Nummer eins der österreichischen Geschirrerzeuger. Für seine außerordentlichen wirtschaftlichen Leistungen bekam er die Berechtigung zum Führen des österreichischen Staatswappens verliehen.
Ab 1997 führte Maximilian Graf von Moy die Manufaktur, die 2018 Markus Friesacher übernahm. Dem vielseitigen Salzburger Unternehmer, Jahrgang 1975, liegt es am Herzen, die Gmundner Tradition weiterzuführen, Arbeitsplätze zu erhalten, Bleibendes neu zu schaffen. Zuletzt eröffnete er im ehrwürdigen Beethovenhaus im 8. Bezirk in Wien ein Verkaufsgeschäft – verbunden mit Kunstwerken aus Namibia, dem die große Liebe des Unternehmers gehört. Faszinierend, wie sich Kunst aus Namibia und Kunst aus Gmunden zu einer Symbiose verbinden! Dass auch die UNESCO den Wert der Gmundner Keramik erkannt hat, zeigt sich daran, dass sie 2021 das Flammen von Keramik zum immateriellen Kulturerbe ernannt hat. Zu bisher guter Letzt wurde der Österreichi-sche Musiktheaterpreis, die Schikaneder-Statuette, von Gmunden neu gestaltet: eine Panflöte mit sieben Pfeifen und mit einer geflammten Feder verziert – als Symbol für Musik und Schauspiel.
Eine aufwendige Erzeugung
Bis ein Werkstück zum Verkauf bereitsteht, geht es durch sechzig Hände. Ob Geschirrteil oder Zierstück, am Anfang steht immer die Entwicklung eines Modells, die schöpferische Arbeit, die abgeformt wird, um danach eine teilbare Gussform aus Gips herzustellen. Nun wird dieser Hohlkörper durch einen Schlauch mit der flüssigen Keramikmasse, dem Schlicker, ausgefüllt. Dieses Grundmaterial besteht aus Feldspat, Quarz und Kaolin – in welcher Zusammensetzung, ist natürlich Betriebsgeheimnis. Die Gipsform – die etwa 60 Mal benützt werden kann und dann durch eine neue ersetzt werden muss – entzieht von außen nach innen dem Werkstück die Feuchtigkeit. Nach 72 Minuten ist beispielsweise die Wandstärke eines Kruges erreicht, und was jetzt noch flüssig ist, wird einfach abgegossen. Nun kann nach weiteren drei Stunden das Stück aus der Form genommen und während der sogenannten Ledertrocknung nachgeschnitzt werden: Grate wegnehmen, eine eventuelle Unebenheit ausgleichen, die Kanten feucht „verschwammen“ – damit werden die für die Gmundner Keramik typischen abgerundeten Formen erreicht.
Nach der kompletten Durchtrocknung kann der erste Brand, der Schrühbrand, erfolgen. Dazu stehen die Werkstücke 16 Stunden im Brennofen, der nach auf die Minute genau vorgegebenen Zeiten und Hitzegraden beheizt wird. Der erste Brand, ohne Malerei und Glasur, steigert sich langsam bis auf 1070 Grad. Der zweite Brand, der Glattbrand, mit Malerei und Glasur, geht in weiteren 16 Stunden auf 1020 Grad. Nur so kann ein Werkstück ohne Blasen, Risse und Spannungen erreicht werden. Nach der langsamen Abkühlung werden die Stücke aus dem Ofen genommen und optisch und akustisch geprüft. Es ist erstaunlich, wie dumpf ein beschädigtes Stück beim Anschlagen klingt, gegen-über dem hellen, geradezu fröhlichen Klang eines perfekten.
Soll das Werk den Meister loben …
In der Keramikmanufaktur sind derzeit 130 Mitarbeiter beschäftigt, und 5000 Werkstücke werden täglich produziert, die natürlich alle auch laufend verkauft werden. Sie entsprechen den heutigen Anforderungen der praktischen Verwendbarkeit – wie beispielsweise Geschirrspüler- und Mikrowellenfestigkeit – ebenso, wie sie mit ihrer kunstvollen Ausgestaltung die Anforderungen an ein hohes künstlerisches Niveau für Gebrauchskeramik erfüllen.
Die Malerei ist bei allen sorgfältigen Arbeitsgängen zweifelsohne die anspruchsvollste Tätigkeit. Keramikmalerei ist ein zweijähriger Lehrberuf. Die Umrisse der figuralen Muster werden auf das Werkstück gestempelt und dann jedes einzelne händisch mit dem Pinsel ausgemalt. Es gibt das Hirschmuster in grau, rot, rosa, grün, die bunten Streublumen, die rosa Herzerl. Schwungvolle Formen werden mit dem Malhörnchen gemalt, ein kleines keramisches Gefäß, mit Farbe gefüllt. Das geflammte Muster wird freihändig gemalt. Früher verwendete man dafür ein Kuhhorn, das vorn ein kleines Loch hatte. Heute ist es ein dünner Schlauch, mit einem Farbkanister verbunden. Wer da denkt, „das geht ja ganz einfach“, täuscht sich sehr! Es dauert zwei Jahre, bis ein Mitarbeiter richtig flammen kann! Die Sicherheit des Malens wird auf Bruchstücken gelernt. Bei einer Führung durch den Malsaal kann sich melden, wer es probieren will. Erstaunlich, wie verwackelt und verkleckst auch bei den selbstsichersten Laien die einfachen Streifen, Halbkreise und Schlingen sind …! Die ungebrannten Farben sehen auch ganz anders aus als nach dem Brand. Das saftige Grün zum Beispiel ist ungebrannt ein unscheinbares Grau. Die bunten Farben zeigen erst gebrannt ihr strahlendes Leuchten.
Internationales Keramik-Symposium in Gmunden
Was Franz Schleiß II. im Jahr 1913 mit der Einladung von Keramikkünstlern weitsichtig begonnen hatte, das setzte Prof. Kurt Ohnsorg, ein Pionier der modernen Keramik, 1963 fort und initiierte das erste internationale Symposium für Keramikkunst in Gmunden. Nach seinem Tod wurde es vorübergehend an anderen Orten abgehalten und 1989 wieder aufgegriffen, zuerst als Begleitprogramm des österreichischen Töpfermarktes, der jährlich im August in Gmunden abgehalten wird.
2022 haben die Oberösterreichische Landes-Kultur und die Gmundner Keramik eine neue Ära eingeleitet. Im Zentrum der Symposien steht der Austausch zwischen einem der ältesten Standorte für Keramikproduktion in Europa und zeitgenössischen Künstlern von internationalem Rang. Ausstellungen, Veranstaltungen und wochenlange Arbeitsaufenthalte für Künstler fördern den handwerklichen und künstlerischen Transfer und gehören damit zu den Top Ten der Keramikevents in Europa. Die dabei entstehenden Werke junger wie etablierter Keramikkünstler gehen anschließend auf eine Wanderausstellung durch ganz Europa und verbreiten so die Botschaft der großen Keramikkunst einer kleinen Stadt am Traunsee.
Gmunden – die Keramikstadt am Traunsee
Sursa: https://adz.ro/artikel/aktuell/artikel/gmunden-die-keramikstadt-am-traunsee
Declinarea răspunderii !!!
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