In Sachen Familienzusammenführung

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Hunderttausende Rumäniendeutsche verdanken ihm Freiheit und Wohlstand in der Bundesrepublik Deutschland. Sie erfuhren allerdings erst zwei Jahrzehnte nach der politischen Wende, wer ihre Ausreise aufgrund zäher Verhandlungen mit Vertretern der Securitate ermöglicht hatte. In der breiten Öffentlichkeit dominiert immer noch die Ansicht, der „Freikauf“ sei 1977 per Handschlag zwischen Helmut Schmidt und Nicolae Ceau{escu vereinbart worden. 

Dass es seit 1968 geheime Vereinbarungen gegeben hat, die jährlich einer festgelegten Anzahl Rumäniendeutschen die Übersiedlung gegen eine ausgehandelte Summe DM ermöglichte, wurde erst 2009 bekannt. Nun ist der Mann tot, der die Abkommen im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland verhandelt, unterzeichnet und umgesetzt hat: Dr. Heinz-Günther Hüsch. Er starb am 24. Oktober im Alter von 94 Jahren in seiner Heimatstadt Neuss. 

Heinz Günther Hüsch hatte die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erlebt, gehörte der Gründergeneration der CDU an, war deren Landtags- (1966–1976) und Bundestagsabgeordneter (1976–1990) und genoss als kampfbereiter, unerschrockener und durchsetzungsstarker Politiker über die Parteigrenze hinweg Ansehen. Er war wortgewandt und hatte ein außergewöhnliches Verhandlungsgeschick. Und konnte Geheimhaltung wahren.  

Hüsch war Anwalt und Abgeordneter im nordrhein-westfälischen Landtag, als Gerd Lemmer, Staatssekretär im damaligen Ministerium für Vertriebene und Flüchtlinge, ihn im Frühjahr 1968 beauftragte, unter strikter Geheimhaltung in Bukarest Kontakte aufzunehmen und festzustellen, ob und zu welchen Bedingungen Vereinbarungen für die Ausreise von Rumäniendeutschen gegen Devisenzahlung möglich wären. Bemühungen, die infolge des Krieges zerrissenen Familien zusammenzuführen, gab es seit Anfang der 1950er-Jahre, sie wurden ab Aufnahme der Wirtschafts- und danach diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien zum Dauerbrenner in den Gesprächen, gelungen waren jedoch nur wenige Ausreisen von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen gegen sehr hohe Ablösesummen, der Druck der Ausreisewilligen und ihrer Angehörigen aber war groß. Aus den 2011 veröffentlichten Unterlagen aus dem Archiv der ehemaligen Securitate wissen wir, dass diese seit 1962 an den Transaktionen beteiligt war und signalisiert hatte, weitere Ausreisen gegen Devisen ermöglichen zu wollen. 

Bei der ersten Kontaktaufnahme in Bukarest erhandelte Hüsch eine mündliche Vereinbarung. Bis 1989 erfolgten 313 offizielle Verhandlungen (und sehr viel mehr inoffizielle Treffen) mit „rumänischen Verhandlungspartnern“, vereinbart wurden sechs Abkommen (jeweils über mehrere Jahre), das letzte im November 1988. In diesem sagte die rumänische Seite die Ausreise von jährlich 14.000 Personen und die deutsche Seite die Zahlung von 8950 DM plus 390 DM Reisekosten pro Person zu. Außer diesen Summen zahlte die Bundesrepublik Deutschland viele Millionen DM Zinssubventionen und trug andere Kosten, um die rumänische Seite in der „Familienzusammenführung“ günstig zu stimmen. Hüsch blieb unter vier Bundeskanzlern Verhandlungsführer in der „Geheimsache Kanal“. Auf offiziellem Weg haben zwischen 1968–1989 rund 225.000 Rumäniendeutsche das Land verlassen. 
Einige sind der Ansicht, durch sein Wirken habe Hüsch zur Schwächung der deutschen Gemeinschaften in Rumänien beigetragen. Wenig bekannt sind die Bemühungen der Bundesregierungen jener Jahre, die Gemeinschaften im Land selbst zu unterstützen. Sie wurden von der rumänischen Seite abgelehnt, da sich der kommunistische Staat um seine Staatsbürger kümmere. 

Seit 2010 gab Heinz Günther Hüsch in Interviews und auf Tagungen Auskunft über sein Wirken als Verhandlungsführer und veröffentlichte aus seinen Unterlagen. Seit 2010, weil er erst im Juni 2009 von Innenminister a.D. Wolfgang Schäuble die Entbindung von der Schweigepflicht erhalten hat. Die Geheimhaltung der Unterlagen der Bundesregierung zur Familienzusammenführung könne aufgehoben werden, so das Schreiben an ihn. Das Kapitel Familienzusammenführung birgt aber noch Geheimnisse.    

Sursa: https://adz.ro/artikel/aktuell/artikel/in-sachen-familienzusammenfuehrung

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