Die Zeiten haben sich definitiv geändert. Wenn man vor zehn Jahren nur selten Joggern auf den Straßen von Temeswar/Timișoara begegnet ist, so braucht man heute keine halbe Stunde zu warten, und schon läuft jemand an einem vorbei – in Sportkleidung, versteht sich. Das Joggen scheint während der Pandemie an Beliebtheit bei den Temeswarern gewonnen zu haben. Nicht nur junge Leute, sondern auch Menschen mitteleren Alters und sogar Senioren joggen gern in der Stadt – man trifft sie in Parks, am Ufer der Bega oder einfach in der Stadt an, wo sie auf dem nackten Asphalt laufen. Doch wie läuferfreundlich ist Temeswar überhaupt? Welche Möglichkeiten bietet es jenen, die es mit dem Sport auf ein höheres Level bringen wollen? Gibt es genügend Orte, an denen man sicher laufen kann? Woran mangelt es in der Läufer-Stadt Temeswar? Auf diese und weitere Fragen habe ich als Joggerin versucht, Antworten zu finden. All diese Antworten kamen von Menschen, die ein paar Mal in der Woche zur Entspannung laufen und schon mal an dem einen oder anderen Lauf-Ereignis teilgenommen haben.
Ist Temeswar eine gute Stadt für Läufer?
Die Antworten auf diese Frage sind ziemlich geteilt. „Nein” oder „nicht wirklich”, sagen drei Befragte, vier weitere sind dennoch überzeugt, dass die Stadt geeignet für Läufer sei. „Es gibt viele Parks und es ist ziemlich sicher, auch nach Einbruch der Dunkelheit.” Oder: „Die Stadt ist flach und sicher fürs Laufen, und entlang der Bega ist es wirklich schön.” Diese sind nur ein paar der positiven Antworten, die für Temeswar als Läufer-Stadt sprechen. Andererseits bemängeln einige das Fehlen von Tartanlaufplätzen oder auch die Tatsache, dass das Laufen von der Stadtverwaltung nicht genügend gefördert werde.
Die beliebtesten Lauf-Orte
Läufer kann man in Temeswar quasi überall und fast zu jeder Uhrzeit antreffen. Die Stadt ist sicher, sodass viele gern abends die Sportschuhe anziehen und rausgehen, um zu laufen. Anders als in den USA, wo Läufer mit ihren Hunden unterwegs sind und nicht selten Messer oder gar kleine Waffen beim Joggen mitschleppen, ist Europa (immer noch) ein sicherer Ort zum Laufen im Freien. Temeswar stellt in diesem Sinne keine Ausnahme dar. Läufer tragen keine Waffen, höchstens fluoreszente Sportkleidung, um bei Passanten oder Autofahrern aufzufallen.
Die beliebtesten Lauf-Strecken in Temeswar sind – so die Ergebnisse meiner Umfrage – die beiden Bega-Ufer und ... der Jagdwald/Pădurea Verde. Der Wald bei Temeswar wird auch von Läufern aus der Stadt genutzt, die mit ihren Pkws hinfahren, um dort zu joggen. Den Jagdwald möchte die Kommunalverwaltung in einen sogenannten Park-Wald umwandeln und teils einrichten lassen, (auch) zur Freude der Läufer, die ihre Meinung dazu in einer von der Stadt erstellten Umfrage bereits ausgedrückt haben. Die Vorteile des Jagdwaldes als Lauf-Ort: die sauberere Luft im Vergleich zur Stadtluft, die weicheren Laufwege fürs Trail-Running, die die Gelenke nicht so sehr belasten. Nachteile seien die Entfernung zur Stadt, die Tatsache, dass die Wanderwege nicht fürs Laufen angelegt sind, die Zecken und Mücken. „In dieser Jahreszeit muss man spätestens um 17 Uhr mit dem Laufen dort aufhören, denn der Wald ist nicht beleuchtet. Höchstens, man benutzt eine Frontalleuchte. Und am besten, man läuft dort nicht allein”, sagen zwei Läuferinnen.
Die Lauf-Events
In Temeswar mangelt es nicht an Lauf-Events, die sich an Sportler aller Altersgruppen und aller Sportniveaus richten. Zwei der beliebtesten Ereignisse für Läufer sind „Timotion” und der „UVT Liberty Marathon”. „Timotion” ist eine Wohltätigkeitsveranstaltung, bei der man für einen guten Zweck läuft und dabei Spenden für ausgewählte Gemeinschaftsprojekte sammelt. Das Ereignis erlebt in diesem Jahr seine zehnte Auflage und soll am 26. Mai ausgetragen werden. Ein bereits zur Tradition gewordenes Sportevent ist der „UVT Liberty Marathon”, der am Sonntag, den 29. September 2024, stattfinden wird. Die Einschreibungen laufen schon, für die Frühanmeldungen gibt es große Rabatte.
Regelmäßig finden jedoch auch andere Lauf-events in Temeswar statt, wie zum Beispiel „Timișoara 21K by SportGuru”, eine Laufveranstaltung des Ende 2023 eröffneten Sportwarenladens „SportGuru”, die am 17. März stattfinden wird. Der „Timișoara Triathlon” (20. Juli 2024) umfasst seit letztem Jahr auch einen Triathlon, der sich an gewöhnliche Sportler richtet und kürzere Strecken vorsieht. Und, nicht zu vergessen: Der „Timișoara City Marathon” findet ebenfalls immer im Herbst statt und lockt Hunderte von Läufern an den Start.
Wie sicher ist die Stadt?
Die Antworten auf diese Frage klangen alle ganz ähnlich: Die Stadt Temeswar ist für Läufer sicher. Und trotzdem: Eine Läuferin erzählt, vor 25 Jahren mal einen Exhibitionisten im Rosenpark getroffen zu haben, und ein anderer Läufer klagt darüber, seine Schuhe an einem Metallrohr kaputt gemacht zu haben. Hunde, die ohne Leine herumgelaufen sind, sind einem anderen Läufer hinterhergelaufen, und eine Läuferin, die eine Laufroute an der Stadtausfahrt gewählt hat, erzählt davon, wie sie vor den herrenlosen Hunden, die dort unterwegs sind, flüchten musste.
Was fehlt?
Es fehlt schon einiges, um aus Temeswar eine echte Läufer-Stadt zu machen. Leichtathletik-Plätze gibt es nur sehr wenige (wie Sportfelder und Schwimmbäder auch), die Straßenbeleuchtung könnte in einigen Stadtteilen schon besser sein, an Hängen und auf Treppen kann man nirgendwo trainieren, beklagen einige der Läufer. Der Läufer Cătălin B. setzt noch eins drauf: „Es gibt viel zu viele Straßenkreuzungen und schlecht aufeinander abgestimmte Ampeln”. Und auch die Luftverschmutzung ist kein ignorierbarer Faktor, denn Temeswar ist immer noch eine Stadt der Autos und keine Stadt der Fußgänger. Man braucht nur regelmäßig die mobile App „AirVisual” zu überprüfen, um die Feinstaubbelastung unter die Lupe zu nehmen und zu entscheiden, ob man an einem gewissen Tag laufen geht oder nicht. Zwar gibt es recht viele Grünflächen in der Stadt, doch auch in diesem Punkt wäre Bedarf an mehr, meinen einige Läufer.
Das Fazit
Temeswar hat, wie jede andere Stadt, ihre ganz eigenen Laufbedingungen. Sie punktet mit den Bega-Ufern und dem naheliegenden Jagdwald, aber auch mit den Grünflächen und dem flachen Relief, das keine besondere Anstrengung beim Laufen voraussetzt. Auch in Sachen Sicherheit ist die Stadt momentan recht läuferfreundlich, und Lauf-Veranstaltungen scheint es jährlich immer mehr zu geben. Das recht milde Klima, auch im Winter, macht die Stadt auch in der kalten Jahreszeit fürs Laufen sehr geeignet.
Negativ fallen mit Sicherheit die Feinstaubbelastung (zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels, am 28. Dezember 2023, beträgt diese, laut „AccuWeather”, 37 Mikrogramm pro Kubikmeter, die Luftqualität gilt somit als ungesund) und das Fehlen der Leichtathletikfelder auf. Bleibt eigentlich nur zu hoffen übrig, dass sich die Stadt in einigen Jahren zu einer Stadt für Fußgänger entwickelt und neue Sportmöglichkeiten entstehen. Schließlich ist Sport ein wesentlicher Bestandteil eines gesunden Lebens.