Tarifverhandlungen sind ein wichtiges Instrument für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn es darum geht, Rechte und Pflichten festzulegen und nach Möglichkeit zusätzliche Vorteile zu erlangen. In Rumänien ist die Tarifverhandlung nicht nur im Betrieb, sondern auch auf Ebene der Wirtschaftssektoren verpflichtend. Ein für den Sektor abgeschlossener Tarifvertrag kann dabei u. U. für jedes Unternehmen aus dem Sektor zwingend werden – selbst wenn es nicht direkt oder indirekt an der Verhandlung beteiligt war.
Die Einteilung der Wirtschaft in Sektoren zu diesem Zweck wurde Ende November geändert, was damit für alle Unternehmen relevant ist.
Hintergrund
Gemäß dem Gesetz 367/2022 über den sozialen Dialog („SDG“) sind Tarifverhandlungen auf Sektorenebene (früher: Branchenebene) obligatorisch. In Anbetracht der Relevanz lohnt es sich, die (chronologische) Entwicklung der Gesetzgebung in Rumänien in Bezug auf die Einteilung der Sektoren für Tarifverhandlungen zu erwähnen, um für Unternehmen bzw. Arbeitgeber einen Überblick zu schaffen:
- Das SDG sieht in der im Mai 2023 geänderten Fassung (DVO 42/2023) vor, dass die Sektoren der Wirtschaft, auf deren Ebene die Sozialpartner Tarifverhandlungen führen, von dem zuständigen Ministerium festgelegt werden;
- Mit dem Regierungsbeschluss Nr. 171/2023 sollte die Zahl der Sektoren für Tarifverhandlungen mit dem Ziel erweitert werden, die Tarifverhandlungen zwischen den Sozialpartnern auf der Ebene der Wirtschaftszweige zu flexibilisieren und zu fördern, um mehr Tarifverträge auf dieser Ebene abzuschließen;
- Der Regierungsbeschluss Nr. 171/2023 galt bis zum 24. November 2023, als er durch die Anordnung des Arbeitsministeriums Nr. 2311/2023 ersetzt wurde;
- Seit dem 24. November 2023 legt diese Anordnung 58 Sektoren für Tarifverhandlungen fest.
Relevanz für Unternehmen
Ein auf Sektorenebene abgeschlossener Tarifvertrag ist laut SDG verpflichtend für alle Arbeitnehmer der Unternehmen, die
- dem jeweiligen Sektor der Tarifverhandlungen sowie den Arbeitgeberverbänden, die den Tarifvertrag unterzeichnet haben, angehören;
- dem Sektorentarifvertrag beigetreten sind oder den Arbeitgeberverbänden angehören, die dem Sektorentarifvertrag beigetreten sind.
Wichtig: Wie bereits berichtet1, besteht u. U. die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber innerhalb eines Sektors aufgefordert wird, dem auf der Ebene des Sektors abgeschlossenen Tarifvertrag beizutreten. Weigert er sich, droht die Gefahr eines sog. kollektiven Arbeitskonflikts, der bis zum Streik führen kann.
Einteilung der Sektoren und Zuordnung
Die Einteilung der Sektoren erfolgt anhand der der CAEN-Codes der jeweiligen Unternehmen. Das Verfahren für die Zuordnung zu dem einen oder anderen Sektor wurde ausdrücklich festgelegt. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sektor für Tarifverhandlungen richtet sich nach dem CAEN-Code, der dem Haupttätigkeitsgegenstand des Unternehmens entspricht.
Wenn die Tätigkeit eines Unternehmens in mehrere Sektoren für Tarifverhandlungen passt, kann das betreffende Unternehmen beantragen, je nach CAEN-Hauptcode einem dieser Sektoren zugeordnet zu werden.
Die Zuordnung zu einem Sektor, in dem Tarifverhandlungen geführt werden, gilt für die Dauer des Tarifvertrags (ab dem Datum der Registrierung des Antrags) und wird automatisch verlängert, wenn kein anderer Antrag des Arbeitgebers vorliegt.
Die Anordnung Nr. 2311/2023 legt auch das Verfahren für die Einbindung in einen Sektor für Tarifverhandlungen fest.
Fazit
Die vergangenen 12 Monate waren für die kollektiven Beziehungen zwischen den Sozialpartnern von großer Bedeutung. Es traten mehrere erhebliche Änderungen der Gesetzgebung zum sozialen Dialog (seit Dezember 2022 bis jetzt) ein, die bezwecken, Tarifverhandlungen auf allen Ebenen zu erleichtern und damit die Tarifbindung in Rumänien, die im europäischen Vergleich als unzureichend empfunden wird, zu steigern. Die Erhöhung der Tarifbindung auf Sektorenebene war dabei eines der ausdrücklichen Ziele, die seitens der EU-Kommission im Zusammenhang mit dem Resilienz- und Aufbauplan PNRR genannt wurden.
Die Sektoren für Kollektivverhandlungen wurden nun klar festgelegt, womit eindeutig zu erwarten ist, dass 2024 das Jahr der Verhandlungen auf Sektorenebene sein wird.
Angesichts der bestehenden „Gefahr“ für Arbeitgeber, zur Anwendung von Sektorentarifvertägen, die sie nicht verhandelt haben, gezwungen zu werden, sollten alle Unternehmen die Sektoren ermitteln, in die sie gemäß ihren Tätigkeiten fallen, und die in diesen Sektoren aufkommenden Verhandlungsinitiativen genau verfolgen.
Sollte ihre Tätigkeit in mehrere Sektoren fallen, sollte das in der Anordnung 2311/2023 vorgesehene Verfahren für die Zuteilung zu einem Sektor befolgt werden.
1 https://stalfort.ro/wp-content/uploads/2023/08/20230809_ADZ_CW_Kollektives_Arbeitsrecht.pdf
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