Rumänien hat, wie wir mehrfach geschildert haben1, am 22. Dezember 2022 das Gesetz 361/2022 („das Gesetz“) zum Schutz von Whistleblowern verabschiedet. Ab dem 17. Dezember 2023 sind nun auch Unternehmen ab 50 Mitarbeitern zum Betrieb interner Whistleblowing-Meldekanäle verpflichtet.
Hintergrund
Das Gesetz setzt die EU-Whistleblowing-Richtlinie in das rumänische Recht um. Hiermit wird einerseits ein EU-einheitliches Mindestmaß an Schutz für natürliche Personen, die auf Rechts- bzw. Regelverstöße hinweisen (Hinweisgeber, sog „Whistleblower“), garantiert. Zugleich soll ein Anreiz für die Berichterstattung über derartige Verstöße geschaffen werden.
Berichterstattung
Whistleblowing kann sowohl über interne als auch über externe Kanäle erfolgen. Der externe Weg führt über Behörden, in deren Zuständigkeit die Untersuchung von Hinweisen auf Rechtsverstöße fällt. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang die rumänische Integritätsbehörde (Agenția Natională de Integritate, „ANI“) zu nennen, die unter avertizori.integritate.eu einen generellen externen Meldekanal eingerichtet hat.
Allerdings ist die Hemmschwelle für Hinweise auf Verstöße aus dem Inneren einer Organisation wohl geringer als diejenige für die „herkömmliche“ Meldung an die zuständigen Behörden, sodass hier häufigere Meldungen und damit ein höherer Grad an Aufdeckung zu erwarten sind. Zugleich spricht viel dafür, dass auch die Prüfung und Erledigung von Hinweisen bzgl. Verstößen durch die davon betroffene Organisation effizienter und schneller als durch die Behörden erfolgt.
Daher sind Unternehmen verpflichtet, interne Meldekanäle einzurichten, über die Whistleblower ihre Hinweise geben können. Das Gesetz unterscheidet hierbei zwischen:
- kleinen Unternehmen mit einer Belegschaft bis zu 49 Mitarbeitern;
- mittleren Unternehmen mit einer Belegschaft zwischen 50 und 249 Mitarbeitern;
- größeren Unternehmen mit einer Belegschaft ab 250 Mitarbeitern.
Während größere Unternehmen bereits seit dem 22. Dezember 2022 verpflichtet sind, interne Meldekanäle für Whistleblower einzurichten, trifft diese Pflicht ab dem 17. Dezember 2023 auch Unternehmen ab 50 Mitarbeitern.
Einrichtung eines internen Meldekanals
Interne Meldesysteme funktionieren meistens IT-basiert; mit Hilfe selbst kreierter oder von externen Unternehmen eingerichteter Online-Kanäle. Viele Unternehmen betreiben auch Whistleblowing-Hotlines, die Hinweise per Telefon oder besondere E-Mail-Adressen ermöglichen.
Hierbei sind diese grundsätzlich berechtigt, die Entgegennahme und Prüfung durch externe Dritte, beispielsweise Anwälte oder anderweitig spezialisierte Auftragnehmer, durchführen zu lassen. Dies erspart eigene Ressourcen und ermöglicht gleichzeitig eine kompetente Erstprüfung erhaltener Hinweise auf Plausibilität und etwaige Risiken.
Können zentrale Meldesysteme genutzt werden?
Eine uneinheitlich beantwortete Frage betrifft die Möglichkeit, unternehmensübergreifende Whistleblowing-Meldesysteme zu nutzen. Gerade für rumänische Tochtergesellschaften internationaler Konzerne ist dieses Thema besonders wichtig. Das Gesetz besagt, identisch zur Richtilinie, dass juristische Personen des privaten Sektors:
- mit 50 oder mehr Arbeitnehmern interne Kanäle und Verfahren für interne Meldungen und für Folgemaßnahmen einrichten müssen;
- mit 50 bis 249 Arbeitnehmern für die Entgegennahme von Meldungen und für möglicherweise durchzuführende Untersuchungen Ressourcen teilen können.
Die EU-Kommission hat sich hierzu mehrfach ausdrücklich und eindeutig dahingehend geäußert, dass Meldekanäle, die ausschließlich zentral oder regional organisiert sind, nicht den rechtlichen Anforderungen genügen. Dies wird v. a. mit dem o. g. Regelungszweck (Erhöhung der Anzahl von Meldungen, Schutz der Whistleblower) begründet.
Nach dieser Auslegung muss jedes Unternehmen mit mehr als 49 Mitarbeitern ein eigenes Whistleblowing-System errichten. Selbst wenn mittlere Unternehmen, wie im zweiten Bulletpoint oben erwähnt, Melde- und Untersuchungskapazitäten zusammenlegen, müssen sie gleichzeitig auch lokale Meldesysteme einführen, den Hinweisgeber darüber informieren, dass Anzeigen auf zentraler Ebene übersandt und geprüft werden, und diesem ein Widerspruchsrecht hiergegen einräumen. Sämtliche Maßnahmen zur Kommunikation mit dem Hinweisgeber, wie Statusverfolgung und Sanktionierung, müssen auf lokaler Ebene erfolgen.
Praktisch bedeutet dies, dass Meldungen für solche Unternehmen zwar durch eine zentralisierte Stelle entgegengenommen und geprüft werden können, jedoch interne/lokale Einrichtungen erforderlich bleiben. Der Whistleblower hat dabei ein Wahlrecht.
Besonderer Augenmerk ist in solchen Konstellationen auf den Datenschutz zu richten, da persönliche Daten durch mehrere Gesellschaften und meist im internationalen Kontext verarbeitet werden.
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